01. Mär 2022
Tattoo Künstlerin mit Leib und Seele

Artists of Schwabinger Tor

Alejandra Heartist

 

Hi Alejandra! Welche Kunst kreierst du hier im Schwabinger Tor?
Ich bin Tattoo-Künstlerin. Ich arbeite also mit der Nadel auf der Haut, meine Kunstfläche ist der Körper und das allein macht jedes meiner Werke zu etwas ganz Besonderem. Vom Stil dreht sich bei mir alles um Fineline, Mikro-Realismus, realistische Arbeiten auf kleiner Fläche, Dot Work. Aber nur in Schwarz- und Grautönen, ich bin kein Fan von bunten Tattoos.


Wie kamst du zum Tätowieren?
Mein erstes Tattoo habe ich mir mit 18 zum Abi stechen lassen. Und mir zu der Zeit natürlich auch überlegt, wohin meine berufliche Reise gehen soll. Ich war schon immer kreativ und habe gern gemalt. Als ich durch Zufall dann die Arbeit eines Tätowierers näher kennenlernen durfte, habe ich mir sofort gedacht: „Das ist der beste Job der Welt.“ (lacht) Trotzdem war ich erstmal für Mediengestaltung an einer Berliner Uni eingeschrieben, aber musste schnell feststellen, dass mir das zu technisch ist. Tja, und dann habe ich mir einfach eine eigene Tattoomaschine bestellt. Ich war neugierig und wollte das selbst ausprobieren.


Du hast also einfach draus losgelegt?

Naja, ich wollte erstmal herausfinden, ob es mir gefällt mit Nadel auf Haut zu arbeiten, denn das ist natürlich etwas völlig anderes als mit Stift auf Papier. Nach einigen Praktika in verschiedenen Tattoo-Studios war ich schließlich meine erste Kundin. Dazwischen lagen viele Probe-Tattoos auf Bananen-, Orangen- und Übungshaut aus Gummi. Und dann kam der Tag X, an dem ich Tättowiererin und Tättowierte in Personalunion war. Herausgekommen ist ein vierblättriges Kleeblatt neben meinem Knie. Ich habe es bis heute noch und muss sagen: Es sieht gar nicht so schlecht aus! ? Aber im Ernst: Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits einige Tattoos und für einen Erstversuch braucht man eine Stelle, die gut erreichbar ist. Glaubt mir: Jede Tättowiererin, jeder Tättowierer hat irgendeinen Quatsch auf dem Bein, haha!


Angefangen hast du vor zehn Jahren, mittlerweile bist du Monate im Voraus ausgebucht.
Wie fühlt sich das an?

Manchmal ist das völlig surreal und ich muss mich selbst kneifen. Das Paradoxe beim Tätowieren ist ja, dass es keine richtige Ausbildung gibt. Es ist in Deutschland eigentlich kein richtiger Beruf. Theoretisch kann das jeder machen, sterile Nadeln sind natürlich eine Voraussetzung, aber sonst muss man nur ein paar wenige Hygienestandards einhalten. Ich habe trotzdem eine tiefergehende Hygieneschulung absolviert und über die Jahre neben viel Erfahrung auch meinen persönlichen Stil gefunden. Ich kann jedem nur raten sich vorab gut zu informieren: Fragt, woher die Farben stammen oder welche Inhaltsstoffe verwendet werden – ich persönlich arbeite z.B. nur mit veganen Farben aus Europa.


Die größte Herausforderung beim Tätowieren?
Tattoos verzeihen wenig, daher ist das A und O eine ruhige Hand. Zu Beginn meiner Karriere war die größte Herausforderung tatsächlich meine Nervosität. Damals haben meine Hände bei Nervosität immer gezittert – eine echt blöde Kombi bei meinem Beruf. Über die Jahre stellt sich aber eine Routine ein und man weiß ja auch, dass man die Hand ruhig halten kann. Das ist Gott sei Dank kein Thema mehr und die Orangen der damaligen Zeit haben es mir nicht übelgenommen. ? Heute empfinde ich bestimmte Motive oder Zeichen- bzw. Tätowier-Techniken als eine schöne Herausforderung.


Gibt es für dich auch absolute No-Go’s?
Definitiv, ich tätowiere z.B. keine Finger, das ist sehr schwierig. Auch zu Gesicht- und Halstattoos sage ich Nein oder zu Anfragen, deren Ästhetik ich nicht verstehe. Ich muss meine Kunden lesen können, ihre Wünsche interpretieren und es ist enorm wichtig am Ende einen gemeinsamen Weg zu finden. Wenn sich dieser nicht auftut, sage ich durchaus Anfragen ab. Das passt dann einfach nicht.


Warum hast du dich im Schwabinger Tor angesiedelt?
Ich habe bereits viele Jahre in Berlin tätowiert und dann einfach gemerkt, dass es jetzt an der Zeit für einen eigenen Raum ist. Mein Mann und ich hatten uns gerade entschlossen, in meine Heimat München zurückzukehren, also habe ich von Berlin aus schon gesucht und bin per Zufall auf diese Ateliers gestoßen. Mein wichtigstes Kriterium waren die hygienischen Bestimmungen – und die waren bei einem Erstbezug natürlich zu 100% gegeben. Im Oktober 2021 habe ich dann losgelegt und fühle mich pudelwohl. Ich mag den Aufbau des Quartiers, die verschiedenen Plätze. Und der Austausch mit meinen Künstler-Kollegen ist natürlich auch großartig, gerade weil wir alle sehr unterschiedlich arbeiten. Das ist unglaublich inspirierend!


Reach to the stars: Wohin geht deine künstlerische Reise?
Tätowieren ist meine große Leidenschaft und der möchte ich weiter mit vollem Einsatz nachgehen. Mein künstlerischer Nachname „Heartist“ soll das auch zum Ausdruck bringen: Denn meine Arbeit kommt wirklich von Herzen! Wenn es so weiterläuft wie aktuell, bin ich sehr zufrieden. Manchmal würde ich gerne etwas mehr reisen, vielleicht mal Guest Artist in anderen Studios sein. Evtl. klappt das mal im Rahmen meiner Wannados.


Was sind denn Wannados?
Wannados sind Tattoos, die ich gerne einmal tätowieren würde. Das ist quasi eine Art künstlerische Wishlist. Ich pflege sie online, damit sie für alle Interessierten einsehbar ist. Wenn jemandem ein Motiv gefällt, sprechen wir über die Umsetzung. In der heutigen Zeit kann das ja durchaus auch mal jemand aus dem Ausland sein. Das wäre ein sehr reizvoller Reisegrund. Und ich kann trotzdem immer wieder zurückkehren in mein Studio. Ja, die Idee gefällt mir sehr! (grinst)


#DANKE für diese Einblicke, liebe Alejandra – we love to be your Art Homebase!