Do 7. Apr 2022
Unkonventionelle Mode für Individualisten

Artists of Schwabinger Tor

Unser heutiger „Artist of Schwabinger Tor“ ist in der Modewelt viel herumgekommen. Vom Studium in London über die großen Fashion Shows in Mailand und Paris, zog es ihn schließlich nach München. Seit Februar ist TOM REBL Teil unseres Künstlerkollektivs und wir könnten nicht glücklicher sein, eine derartige Fashion-Ikone im Schwabinger Tor zu begrüßen.

Hi Tom! Welche Kunst kreierst du hier im Schwabinger Tor?
Ich bin Modedesigner und vertreibe über mein gleichnamiges Label TOM REBL unkonventionelle Mode für Männer und Frauen. Mein Stil ist subtil-provokant, aber nicht mehr ganz so wild wie er früher einmal war (lacht). Heute arbeite ich mit sehr viel Liebe zum Detail, lege großen Wert auf die Passform meiner Kreationen. Das Wichtigste für mich ist und bleibt, dass sich die Personen gut fühlen, wenn sie meine Mode tragen.

Erzähl mal, wie kamst du überhaupt zur Mode?
Ich bin im niederbayerischen Landau aufgewachsen und nach dem Abi dann über die Deutsche Meisterschule in München und mein Studium am St. Martins College in London ins Modebusiness eingestiegen. Während des Studiums konnte ich bereits tolle Praxiserfahrung bei Modehäusern wie Vivienne Westwood oder Alexander McQueen sammeln. Es sah also nach einem relativ geebneten Weg aus – ich dachte, dass ich easy einen Job finde, aber dann kam es erstmal alles ganz anders und ich begann als Trend Forecaster bei einem Startup.

Trend Scouting hat aber mit der eigentlichen Kreation von Mode erstmal nicht so viel am
Hut?
Das stimmt, aber es war dennoch eine sehr bereichernde Zeit. Ich bin viel gereist, konnte Trends auf den Straßen großer Städte aufspüren. Mit all der Inspiration im Gepäck, habe ich schließlich auch den Schritt gewagt und mich als Designer bei Andrew MacKenzie in Italien beworben. Die Zusage kam prompt und dann wurde ich ins eiskalte Wasser geworfen.

 

Wie sah dein eiskaltes Wasser denn genau aus?
Als ich nach Italien kam, bin ich direkt als Kreativdirektor eingestiegen, denn Andrew MacKenzie selbst hatte sich entschieden das Unternehmen zu verlassen. Puh, da hatte ich so einiges zu schultern. Bis heute ist mir manchmal rätselhaft, wie das so gut geklappt hat. Aber ich habe einfach gemacht, war ziemlich hands-on, und habe so meine ersten Damen-, Herren und Accessoires-Kollektionen kreiert. Nebenbei italienisch gelernt, Fashion Shows besucht und das Business überhaupt erst richtig verstanden. Das war eine intensive Zeit. Denn ich wollte unbedingt und musste ein stückweit auch die Handschrift des Labels beibehalten. Du kannst ja nicht irgendwo anfangen und deinen komplett eigenen Stil ausleben. Der damalige Produzent war mir hier eine riesengroße Hilfe, weil er Andrews Designs sehr gut kannte. Mein Start ins Modebusiness war also wirklich einer von 0 auf 100.

Wie ging es dann weiter?
Andrew MacKenzie hat nach geraumer Zeit die Rechte an seiner Marke zurück erworben und so stand ich erneut vor einer großen Entscheidung: Will ich mich nochmal in den Dienst eines anderen Modehauses stellen oder wage ich den Schritt und gründe ein eigenes Label? Meinem Produzenten war schnell klar, dass nur der zweite Weg mein Weg wäre. Er hat mich ermutigt und so entstand aus „Tom Rebl for Andrew MacKenzie“ im Jahr 2008 schließlich „TOM REBL – Shocking Radiance“.

Wofür steht „Shocking Radiance”?
Ich habe ziemlich früh auf einen Modestil gesetzt, der dem Mainstream entgegenstand. Wobei mir anfangs auch nicht ganz klar war, was ‚mein Stil‘ eigentlich ist. Ich wusste nur: Langweilige, eintönige Styles sind es nicht. Und so habe ich mich eben peu à peu herangetastet. Am Ende wurde ich durch provokante Prints oder auch Lederjacken mit riesigen, spitzen Nieten bekannt. Ein wenig Punk und Rebellion, ein wenig „Schock“ war in meinen Stücken also immer zu erkennen. Mein Markenzeichen ist der Kussmund geworden. Die stilisierten Lippen als Teil des Logos sind ein Symbol für Sinnlichkeit, die einerseits erkennbar, aber auch unverwechselbar auf der ganzen Welt ist. Darin habe ich meinen Stil gut wiedergefunden.

Und was machst du heute?
Die Corona-Krise hat die gesamte Modebranche ziemlich hart getroffen. Die Lage in Italien war im Frühjahr 2020 wirklich dramatisch. Also habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und mich erneut verändert. Als in Italien die „rote Zone“ ausgerufen wurde, befand ich mich gerade in München. Eine Rückkehr nach Mailand war erstmal keine Option, also gab ich mich einer kreativen Pause hin und verbrachte drei sehr intensive Monate bei meinen Eltern in Landau. Eine tolle Zeit, die mir total viel gegeben und mich auch zum Umdenken bewogen hat. Das ‚Höher-Schneller-Weiter‘ der Branche hat mich schon eine zeitlang gestört, ich wollte nicht mehr dorthin zurück. Also habe ich entschlossen, meine Marke zu verschlanken, mehr in Capsule Collections zu denken und auf Direktvertrieb zu setzen. Das hieß damit also: Bye Bye, Fashionweeks, Bye Bye Großhandel! Und ich sag’s Euch: Ich bin so froh, diesen Schritt gegangen zu sein.

Und so bist du schließlich auch im Schwabinger Tor gelandet?
Am Ende ja, der Weg dorthin hat sich noch etwas gezogen, aber seit Februar bin ich nun Teil der Ateliergemeinschaft und freue mich sehr. Ich habe meine Wohnung in Mailand zwar noch, komme aber immer mehr hier an. Mein Atelier ist mein Speicher. So nenne ich es. Es ist ein Lagerraum, in dem Energie, Materie und Güter gelagert werden. Dabei bleibt aber alles im Flow – es soll eine Art „Open House“ sein. Hier kann jeder mal vorbeikommen und Hallo sagen. Diese Idee begünstigt natürlich auch die sehr offene Architektur. Die große Fensterfront lässt meinen Speicher wirken, als sei er ein kleiner eigener Shop. Ich habe mich vom Fleck weg verliebt und lerne auch die Umgebung jeden Tag mehr zu schätzen. Mein Blick geht quasi auf den Schwabinger See, hier ist immer etwas los. Erst kürzlich habe ich mein Atelier offiziell eröffnet, der direkte Kontakt zu den Menschen ist mir enorm wichtig.

An wen richtet sich deine Mode heute?
Meine Mode ist wie nach wie vor für Individualisten gemacht. Für Leute, die herausstechen, sich von der Masse abheben wollen. Genau wie ich, sind die meisten sehr weltoffen, reisen gerne, kennen sich mit Mode aus. Über all die Jahre haben auch viele Promis ihre Bühnen-Outfits über mich bezogen. Von Sharon Stone und Justin Bieber über Eros Ramazotti, Dieter Bohlen, Green Day, Jorge Gonzales, Peter Maffei bis zu Papis Loveday und vielen anderen. Das macht einen schon stolz, die eigene Kreation auf den großen Weltbühnen zu sehen!

Woher beziehst du deine Inspiration?
Im Grunde genommen verarbeite ich mein gesamtes Leben in meiner Mode. Alles beeinflusst einen, woher die Inspiration am Ende kommt, ist eigentlich egal. Ich habe aber immer ein Skizzenbuch dabei und ja, eine sehr große Leidenschaft ist weiterhin das Reisen. Jetzt, wo es wieder einfacher wird, freue ich mich auf meinen nächsten Besuch in Beirut. Ich liebe die Stadt, dort ist alles so lebendig, ich habe unglaublich interessante Menschen kennengelernt. Beirut lebt von tollen Restaurants und Bars, vielseitigen Designs.

Reach to the stars: Wohin geht deine künstlerische Reise?
Mir ist jetzt erstmal wichtig meine Unabhängigkeit zu behalten und diese hier am Schwabinger Tor auszuleben. Neben der Entwicklung meines ‚neuen‘ TOM REBL Labels, will ich auch weiter unterrichten. Ich bin als Dozent an einigen Universitäten tätig und habe große Freude daran, das weiterzugeben, was ich erlebt habe. Das Mode-Business ist ein hartes Geschäft, viele Studierende beziehen ihre Inspiration aus dem Internet, ihnen fehlt aber manchmal der Bezug zur Realität. Einige haben falsche Vorstellungen von Fashion Weeks, Partys & Co. – damit sie nicht die tatsächliche Arbeit unterschätzen, die dahintersteckt, will ich sie begleiten. Den Rest lasse ich auf mich zukommen.

#DANKE für diese Einblicke, lieber Tom – we love to be your Art Homebase!